Ausschnitt aus: “Das Hohelied des Reisenden”

Und es ward an der Zeit da sich die Reisenden eines raschen Weges zum Strande suchten. Gewandert waren sie, in aller Müh und Begeisterung, durch derer Ruinen unzählige. Sie hatten gesehen die Wunder des alten Khmerer Volkes, bestaunt die Türme aus vergangener Pracht. Doch im Laufe der Zeit verschliss ihr von Reisen und schmackhaftem Essen gestählter Körper doch spürbar ob der immerwährenden Last des Weltenwunders. Und so entschieden sie, nach erstaunlich kurzer Beratschlagung, einen Weg auf die vermeintlich Nahe gelegene Inselgruppe anzutreten. Sie saßen Abends an des Feuers Licht zusammen und suchten ihrer Wanderbibliothek bemächtigt nach Hinweisen auf die bevorstehende Reise. Nach einiger Zeit wurden sie auf eine uralte Sage aufmerksam, die sie schon vor langer Zeit mit auf ihren Weg genommen hatten, doch bis dahin ungenutzt im Gepäck verrotten ließen. Es war die Prophezeiung des altehrwürdigen Propheten Mohammeder Reiseleder. Eine eingestaubte Seite aus dem Hohelied des Religiösen berichtete von einer Weissagung, die der so anerkannte Prophet schon einige hundert Jahre zuvor in all seiner unendlichen Weisheit machte:

Der durch Reisen Weise Weiße Mann
Sprach leise und von Furcht gebannt
Von einem Schicksal, nicht fern von hier
Und übel prophezeit er mir und dir

Es kommt der Tag
Es kommt die Stund
An der die Reis mit Schand Verbund
Und trifft dich diese Zeit direkt
Dann sei gewarnt, sei aufgeweckt

In einem Land fernab vom Gleis
Wird dich das Unheil schnell ereiln
Denn du suchst doch den Orte weit
An dem er wächst, der grünste Reis

So wirst du über kurz und lang
Gezogen in des Schlafbusses Bann
Nicht Gleis nicht Flug nicht Schiffe dort
Wo’s dich hinzieht, des Glückes Hort

Und denkst du träumen hülfe dir
Hoffst Schlaf zu finden, auf Rädern 4
So sage ich, und warne dich
Lass gut sein jetzt, lass ab oh Roderich

wenn du vergisst des Weisen Rats
Wirfst in den Wind in deiner Not
Den Tipp aus dieser guten Tat
Es wird nix gut, es wird verdammt
Dein Pfad, dein Traum, dein Urlaubswunsch
Du bist des Übels, du wandelst tot
Ich hab’s gewarnt, du schläfst im Boot.

Hanuta Harem Hanuman
Felucca sari Brambanan
Fetucce shiva Eisenbahn
Ganesh Garuda Saruman

So waren die Worte geschrieben auf des Leders dicksten Pergaments. Doch die Reisenden entschieden, insbesondere aufgrund der letzten, ihnen unverständlichen Strophe, den Rat des Mohammeder in den Wind zu schlagen. So verließen sie ihren Pfad der Tugend und viel Leid sollte über sie kommen. Viel Kraft ward verloren in diesem schicksalhaftem Momente. Da, in unschuldigem Beisammensein, flackerten ihre munteren Augen ein letztes Mal im Angesicht der ihnen so unbekannten, aber sicheren Schmerzen. Ein letztes Glitzern, ein letztes Lachen, ein letztes Mal wachen Zustands den sie dort verspürten. Doch die Finsternis sollte über sie hereinbrechen wie ein Wildschwein über eine nasse Suhle. Und an die Leser dieses Textes muss ich nur noch ein einziges Mal diese Warnung aussprechen: Wehe demjenigen, der sich des Rates Mohammeders entledigt. Lass diese Erzählung eine Lehre für dich sein, eine Lehre, die die Reisenden nur allzu gerne schon vor Reiseantritt beherzigt hätten, hätten sie denn die Kraft dazu gehabt. Und nun höret:

Es traf sich also, dass die vier Reisenden sich aufmachten einen Mondbus zu besteigen. Und schon vor der Abfahrt gab es derer übler Omen zahllose. So war zuvor alleine die Beschaffung eines direkten Tickets zum Strand ein unbewältigbares Hündernis. Keines der vielen Busunternehmen vermochte ihnen ein direktes Ticket anzubieten, allesamt strebten sie nach einer Zweiteilung der Reise. Eine erste lange Fahrt im Mondenschein gefolgt von einer zweiten, kürzeren Strecke im Morgengrauen. Und so suchten die Reisenden Tag ein Tag aus nach einer günstigen Gelegenheit sich in ihr selbstgewähltes, trauriges Schicksal zu ergeben. Und sie ignorierten von Vornherein dieses schlechte Omen, geblendet von der vermeintlich frohen Tatsache keinen Ganesh-Bus besteigen zu müssen. Denn sie kannten die urälteste aller Regeln im Busverkehr: “Findest du einen Ganesh auf deinem Wege, lass ab davon lass ihn wegfahren träge”. Nun entschieden sie sich also in ihrer maßlosen Blindheit für eine Zweiteilung der Auftragslage, zwei unterschiedliche Fahrtenbummler sollten sie an ihr Ziel transportieren.

Nachdem sie sich so entschieden hatten galt es nun, zum richtigen Zeitpunkt am korrekten Treffpunkt aufzukreuzen. Und das gelang den Vieren zwar ganz gut, den vier Rädern des ersten Busses allerdings bei weitem nicht so tadellos. Die vier Abenteurer harrten also schon in die späte Nacht hinein auf ihre Arche Noah, die sich erst eine Stunde später blicken ließ. Ein weiteres Omen dass ihnen die letzte Chance bot, von ihrer Reise abzulassen. Doch nichts dergleichen geschah und die vier stiegen in den Bus. VET war der Name der Gesellschaft, und VET sollte die erste Etappe auf ihrem Weg in die Dunkelheit sein. Ein Unternehmen, dessen Abkürzung weniger Buchstaben als Räder besaß. Wie ignorant mochte die Gruppe nur auf jedes noch so klare Omen reagieren.

Und es kam wie es kommen sollte. Die erste Fahrt begann in einer ruckelnden und zuckelnden Art und Weise. Der Busfahrer hatte sich wohl vorgenommen seine Gäste möglichst bis zum Morgengrauen in Schlagsahne zu verwandeln. Aber dieser Versuch der konstanten Schlafberaubung war noch nicht einmal notwendig, waren doch die Kabinen der Häftlinge schon entsprechend sadistisch konzipiert. Sie waren der Art bemessen, dass sich kein ausgewachsenes Menschentier einer vollen Streckung hingeben konnte. Und nochmal zweimal weniger, da es denn eingezwängt von seines eigenen schmachvollen Gepäckes liegen musste. Doch den Busfahrer schreckte nichts, und er mühte sich mit vollstem Engagement der verfrühten Ankunft an seinem Ziel.

Sicher war es keine Genugtuung sondern nur reinstes Mitleid, als er lächelnd um 4 Uhr morgens an die Seiten der Kabinen schlagen ließ um seine Gäste von ihrer ungewollt verfrühten Ankunft zu unterrichten. Die im doppelten Sinne geräderten Reisenden erwachten, aus ihrem nicht existenten Schlaf gerissen, und wundert sich ob der verfrühten Uhrzeit ob sie denn schon angekommen wären. Unter dem tiefen Lächeln des Busfahrers realisierten sie letztlich, dass dem so war und sie packten ihre Sachen so schnell sie konnten um an einer halb verlassenen, halb hämischen Bushaltestelle eines Subunternehmers Platz zu nehmen. Dem Schock und der Verzweiflung ausgesetzt war das Personal des Busunternehmers leider nicht in der Lage, ihnen irgendeine alternative Fahrt zu versprechen und so blieb ihnen nichts anderes übrig als halbtot einige Stunden auszuharren.

Als sodann ihre Zeit gekommen war sich zur neuen Bushaltestelle zu begeben war die Sonne schon wieder am Himmelszelt erwacht, vermutlich aber sonst nicht viel in der Reisenden Gedanken. Sie erreichten die neue Haltestelle und hatten doch das selbe Spiel wie beim ersten Unternehmen. Sie warteten eine weitere halbe Stunde auf den neuen, ebenso verspäteten Bus, und stiegen dann nichtsahnend, weil nichts denkend, ein. Der neue Busfahrer, der wohl vom selben Stamme wie der Alte war, hatte sich für seinen Teil der Reise ein ganz neues Konzept überlegt. Sein Ziel war es, die Fahrt der Reisenden bis auf ein maximales Maße zu verzögern, und das bewerkstelligte er in einer an Genialität heranreichenden Präzision. Er gab vor, noch nicht abfahren zu können da sein Gefährt nicht den Völlegrad eines Oktoberfestes erreicht hätte. Also tuckerte er auf den Straßen Phnom Penhs und den Nerven seiner müden Gäste ein bis zwei Stunden durch die Stadt um an diesem oder jenen Orte weitere Fahrgäste zu finden.

Als dann so langsam die Zeit gekommen war, sich von Phnom Penh zu verabschieden tat er das wiederum mit einer nahezu genialen Methode. Er entschied, vielleicht aus einer bösartigen Laune heraus, nicht die neu gebaute Autobahn sondern vielmehr die buckelige volle Landstraße direkt daneben in Richtung Strand zu nehmen. So sorgte er dafür, dass die über die Nachtfahrt zu Sahne geschlagenen Gästegedanken bei der Ankunft am Strand nur noch dickste Butter waren. Butter, die zum Denken nicht gemacht war.

Völlig entkräftet erreichten die Vier dann letzten Endes den Hafen zur rettenden Insel. Und nun hatten sie doch noch ein wenig Glück als sie erfuhren, dass die Bootsfahrt kurz bevor stand. Mit letzter Kraft kauften sie die teuren Speed-Boat-Tickets und wanderten mühevoll die 200 Meter zum Boot. Nach einem kurzen Gerangel auf dem Bootssteg und einer schnellen Platzwahl im Boot saßen sie dann auf dem Kutter Richtung Paradies. Doch zumindest einer der Vieren vermochte nicht länger der Schwerkraft zu widerstehen und seine buttrigen Gedanken kreisten immer langsamer im Takt der Wellen.

Busfahrt, Baukrahn Straßenbahn
So ein Mist am Ramadan
Hanuta Harem Hanuman
Felucca sari Brambanan
Fetucce shiva Eisenbahn
Ganesh Garuda Saruman