Das Reisen ist anstrengend. Man ist konstant mit neuen Eindrücken konfrontiert, eine neue Sprache will gelernt werden, neue Orte erkundet, neue Geschichten erzählt und ein anderes Klima ertragen werden. Gelingt es dir, wenigstens ein paar dieser Faktoren das ein oder andere Mal zu bewältigen bemerkst du sofort, wie gut dir das tun kann. Daher haben wir seit jeher, besonders in den warmen Regionen unserer Reise, einen wichtigen Vorsatz: Der frühe Vogel fängt den Wurm. Wir stehen früh auf, idealerweise noch vor 7 Uhr, und fangen den vegetarischen Wurm gleich am Morgen, denn was du am Morgen kannst besorgen das verschiebe nicht auf den viel zu heißen, stickigen Nachmittag! Doch so super das im ersten Moment vielleicht klingt, früh aufstehen, viel erleben, der Sonne ausweichen etc., desto sehr schmerzt es mich einzugestehen, dass dabei auch ein paar Details des Tages an uns vorbeizufliegen scheinen. Denn wer schon früh aus dem Bett springt wird letztlich auch nicht allzu spät wieder hineinfallen, vielleicht voller glänzender Augen ob der gesehenen Wunder, doch mit Sicherheit auch mit dem ein oder anderen Gedanken an einen wohltuenden Schlaf. Es war uns also bisher nur selten vergönnt, auch den mexikanischen Abend zu erfahren. Geschweige denn vom Nachtleben dieses tanzfreudigen Landes zu kosten. Dabei war bisher wirklich beinahe ausnahmslos jeder nächtliche Streifzug dieser zwei müden Reisekatzen ein Erlebnis für sich.
Wann immer wir nach 20 Uhr ein paar Schritte außerhalb unseres temporären Nests setzten waren wir binnen weniger Minuten schon Teil einer farbenprächtigen, lauten Prozession. In Guanajuato war es eine wilde Mischung aus Fasnacht und Disney die sich da stundenlang durch die engen Gässchen wand und ein ums andere ein paar Süßigkeiten den hungrigen Kindern vor die Füße spuckte. Da fuhren Autos voller LED-Ketten vorbei an LKW’s voller liebevoll verkleideter Darth Vaders und Wagenladungen von Spidermans.
In San Cristobal begegneten uns religiöse Umzüge mit wandelnden Heiligenstatuen und einer Vielzahl von Santa Maria de Guadalupe Figuretten. In Merida waren es tausende Reihen marschierender Kinderschulklassen die stolz das jeweilige Wappen der Schule oder Institution präsentierten und in Oaxaca waren es die Hochzeiten, die zwar schon tagsüber die Straßen unsicher machten aber dann Nachts gar nicht mehr aufhörten. An einem normalen Tag konnte man in Oaxaca alle zwei Stunden eine neue Hochzeitsprozession beobachten bei der große, hübsch angezogene Pappmaschee-Figuren vor dem Brautpaar durch die Gassen tanzten. Ohnehin hatten alle diese Prozessionen das gemeinsame Tanzelement. Da wird gesteppt und geschwungen, gesprungen und gedreht, alles mit einem Lächeln im Gesicht, das selbst den übermüdeten Reisemündern unserer beiden Deutschen ein Lächeln ins Gesicht zauberte.
Die mexikanische Nacht, so fremd sie uns nach unseren Reisen noch immer sein mag, hatte auf jeden Fall immer eine Überraschung für uns parat. Ich gebe es nicht gerne zu, denn ich bin selbst einer der beiden treibenden Faktoren hinter unseren frühabendlichen Schnarcheskapaden, doch es lohnt sich auch mal, ein Auge nicht zuzudrücken und gen jeden Widerwillen und Menschenverstand auch mal nach 8 Uhr aus dem Haus zu gehen. Dort draußen, im wilden Westen, gibt es noch so einiges zu erleben!









